Du bekommst eine Diagnose und es ist eine Mischmasch aus Erleichterung und Panik, richtig? Und dann gibts da plötzlich Menschen, die meinen zu wissen, was dir nun gut tut. Klar, du bist wahrscheinlich kein Arzt/keine Ärztin, also bist du schon auf Expert:innen angewiesen. Aber es kommt auch immer darauf an, WIE mit dir umgegangen wird und welchen Umgang du zulässt oder auch nicht zulässt.
Je größer das Leid, desto länger meistens schon der Weg hin zur Besserung. Beiziehungsweise zur HOFFNUNG auf Besserung. Besser wird’s meistens erstmal nicht. Weil was passiert in der Realität meistens? Du rennst von einer Ärztin zum nächsten, Diagnosen und Medikamente werden nur so humhergeschmissen und nach 10 Minuten verlässt du das Zimmer mit mehr Fragen als vorher? Kenn ich.
Mein Weg war wie im vorherigen Artikel schon beschrieben der Trotz-Weg: dann mache ich es halt alleine. So soll es aber eigentlich nicht sein. Andere Wege, die ich bei anderen erlebt hab, war der wie eben beschrieben. Es schockiert mich und es macht mich sprachlos, wie unbewusst starke Medikamente verschrieben und OP’s empfohlen werden. Starke und schon auch gewaltvolle Eingriffe in Seele, Geist und Körper. Gestern warst du noch beim Urologen, der dir zu einer bestimmten Therapie rät. Heute bist du bei der Gynäkologin, die dir von genau dieser Therapie abrät. Ja, supergeil, und jetzt?
Am Ende geht es darum was DU brauchst, um für dich entsprechend zu heilen. Es kann sein, dass eine andere Frau* die gleiche Diagnose und die gleichen Symptome hat wie du, aber ihr zwei ganz unterschiedliche Bedürfnisse habt. Die eine fühlt sich wohler mit der Pille, du rennst nur schreiend weg, wenn du das Wort Pille nur hörst. Deswegen geht es darum zu schauen, was du brauchst und wo und bei wem du diesbezüglich die ausreichende Unterstützung bekommst.
Diese Idee steckt ja hinter den zertifizierten Endometriose-Zentren. Was ich super finde! Aber ganz generell kommt mir das Thema Traumaheilung/Behandlung auch da immer noch zu kurz. Da muss man schon Glück haben, um auf genau die Ärztin zu stoßen, die ausgerechnet in diesem Bereich Ahnung hat und dich auch diesbezüglich gut beraten kann. Und dann muss es eine Ärztin/ein Arzt sein, mit dem die Chemie stimmt. Und das ist auch nicht immer der Fall.
Du kannst tausend Therapien und Medikamente durchlaufen und einnehmen, sie werden dir aber nicht helfen, wenn du davon nicht wirklich überzeugt bist. Aus Unwissen und Überforderung hören wir gerne darauf, was die uns raten. Entscheiden müssen wir letztendlich aber immer selbst.
Diagnosen sind ganz schön kniffelig. Letztenendes sind sie auch nur ein KONSTRUKT. Was meint die damit, KONSTRUKT? So ein sperriges Wort, was ich in meinem Studium gelernt hab. Habe ich gerne als Antwort auf eine Frage von Dozent:innen benutzt, wenn ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Das kam als Arbeiterkind in der akademischen Welt des Öfteren vor 😉 Am Ende ist immer alles ein Konstrukt. Erfunden. Geprägt von dem Menschen, der dir die Diagnose gibt. Geprägt von der Gesellschaft in der wir Leben. Geprägt von der Beziehung die du zu der diagnosestellenden Person führst.
Eine interessante Perspektive ist das Thema Leid. Woran leidest du bei der Diagnose mehr? An der wirklichen Diagnose, oder an dem Umgang mit der Diagnose? Eine tolle Freundin von mir ist HIV positiv. Sie leidet unter der Erkrankung herzlich wenig, weil sie medikamentös gut eingestellt ist und kaum Nebenwirkungen hat. Am meisten LEIDET sie aber unter den Reaktionen und der Diskriminierung aus ihrem Umfeld/aus der Gesellschaft. Manchmal macht das Umfeld dich mit Diagnosen kränker, als du dich eigentlich fühlst.
Manchmal aber hilft dir die Diagnose auch, mehr Raum für dich einzunehmen. Was sagt die Diagnose, wenn sie mit dir sprechen könnten? Wofür sorgen deine Symptome? Dass du mehr gesehen wirst? Dass du dir Ruhe rausnehmen kannst? Dass du NEIN sagen darfst? Kein Vorwurf! Du bist nicht Schuld an deiner Diagnose!! Aber du darfst dich heute und jetzt dafür entscheiden, Verantwortung für dich, deinen Körper und deine Diagnose zu übernehmen. Und dabei kann ich dich unterstützen, wenn du möchtest.
Ich möchte sowohl dabei helfen, dass du gesunde Beziehungen zu deinem Expert:innen-Team aufbaust, also auch dabei helfen, dir aufzuzeigen, warum du dazu neigst, immer wieder die gleichen Pappenheimer zu erwischen. Oft steckt da nämlich ein Muster hinter. Ein Beziehungsmuster, was du in deiner Vergangenheit gelernt hast. Völlig menschlich, dass man sich gewohnte Menschen sucht bzw. diese Menschen anzieht. Wenn sie aber toxisch sind und dir nicht gut tun, dann kannst du auch nicht heilen. Du kannst nicht in dem System heilen, indem du krank geworden bist. Genaueres dazu, was Bindungstrauma und Endometriose miteinander zu tun haben, wirst du demnächst hier erfahren.
Ein systemischer Grundgedanke ist, dass du nicht das System/das Außen ändern kannst, sondern nur dich selbst! Nur du kannst dich ändern und dann ändert sich auch das System. Wir können nicht darauf warten, bis sich das Gesundheitssystem verändert. Wenn ich das gemacht hätte, würde ich heute noch mit maximalen Schmerzen hier sitzen und nicht weiterwissen. Ich kann nur für mich schauen: Was brauche ich von diesem Gesundheitssystem und wo kann ich mir ggf. zusätzliche Unterstützung holen.
Ja und wer ist nun dieser Paul? Und warum bringen mir seine Rat-Schläge nix?